In Liebe „Nein“ sagen lernen!
In Liebe „Nein“ sagen dürfen!
Wenn Menschen in meine Beratungspraxis kommen oder mir Seminarteilnehmer gegenübersitzen in banger Erwartung, dass ich für sie den Stein des Weisen nicht nur finden, sondern für sie auch bergen soll, dann geht es in der Essenz zumeist nur um Eines: Wie schafft man es, sich abzugrenzen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und endlich auch einmal ein „Nein“ aussprechen zu dürfen; ohne Konsequenzen befürchten zu müssen?
Der eigene Wille wird sehr früh schon unterdrückt
Viele von uns haben von Kindheit an nicht wirklich gelernt, „Nein“ sagen zu dürfen. Ein „Nein“ wurde meist als egoistisch, bockig, ungezogen und ungehörig empfunden und auch so vermittelt. „Gib dem Onkel doch dein schönes Händchen, spiele doch mit dem Onkel Hoppe-hoppe-Reiter!“. Wenn dann das kleine Mädchen ehrlich und unverblümt sagte, dass sie den Onkel nicht mag, kam vielleicht die Retourkutsche: „Sei lieb und tue, was ich dir sage, schließlich ist das unser Erbonkel und wir kriegen später das schöne, große Haus von ihm vererbt. Also stell‘ dich nicht so an. Mach schon!“ Und schon war der Wille gebrochen.
Um des lieben Friedens Willen
Nicht nur aktives Austreiben des eigenen „Nein“-Willens war in der Kinderstube angesagt, sondern das Kind lernte auch durch Beobachtung, wie sich Eltern in bestimmten Situationen verhalten und es übernahm dies als selbstverständliche und vor allem richtige Verhaltensweise, ohne es je zu hinterfragen. Wenn die Eltern den Kindern vorleben, eine „Faust in der Tasche“ zu machen und nichts zu sagen, wenn es angebracht wäre; wenn es mitbekommt, wie die Mutter „des lieben Friedens Willen“ immer wieder klein beigibt und sich immer und immer wieder mit ihren eigenen Bedürfnissen hinten anstellt, wenn es beobachtet, dass die Eltern gegenüber anderen nie ein „Nein“ auszusprechen wagen, um nicht anzuecken, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn es später als Erwachsene ebenfalls nicht „Nein“ sagen kann.
Und dann ist man plötzlich erwachsen geworden in einem Umfeld von „Nein“-Verweigerern.
Die eigene Macht freiwillig abgegeben
Man sagt zu allem „Ja und Amen“, hat keine eigene Meinung mehr, die sich auszudrücken lohnt und kommt immer mehr in die Abwärtsspirale der Fremdbestimmung. Dann kommen solche Sätze wie „Das kann ich doch nicht machen“, „Das ist ungehörig, das tut man nicht“, „Was sollen denn die Leute, die Nachbarn, was soll der Chef von mir denken?“, „In Gottes Namen, dann mache ich es eben…“ und so weiter und zu weiter. Es sind die gleichen Menschen, die für alles und jedes, was sie tun wollen, zuerst die Zustimmung oder sogar die Entscheidung eines Anderen benötigen. Sie geben damit freiwillig ihre eigene Macht ab. Sie sind entscheidungsunmündig geworden.
Wo ist die Macht geblieben, die wir mitbekommen haben, als wir in diese Welt als Menschwesen eintauchten, um Erfahrungen zu machen, die das Universum wachsen lassen? Ich meine nicht die egoistische Macht über andere. Ich meine die selbstverständliche Macht, ein Leben selbstbestimmt und in Selbstliebe leben zu dürfen. Das Gegenteil von Macht ist Ohnmacht. Totale Fremdbestimmung. Andere bestimmen über mein Leben, über meine Meinung und über mein Tun oder Nichttun. Tiefe Depression, Selbstaufgabe und Verzweiflung ist die Folge.
Emotionsskala
Da gibt es eine sogenannte „Emotionalskala nach Esther Hicks“, mit der ich sehr gerne bei meinen Quantenheilungs-Seminaren arbeite. Eine Skala mit 22 Abstufungen. In der obersten Zeile als absolut erstrebenswerte Emotionen stehen die Begriffe „Freude / Wissen / Freiheit / Liebe / Wertschätzung“. Aber auch das Wort „Macht“. Mit den oben genannten fünf Begriffen können sich zumeist meine Seminarteilnehmer identifizieren. Das können sie nachvollziehen. Aber beim Wort „Macht“ gibt es oft heftigste Reaktionen. Wie kann das sein? Macht als erstrebenswerteste Emotion neben den so hehren Begriffen wie „Liebe“. Dann kommen die Kommentare: „ Wie kann Macht eine positive Eigenschaft sein. Diesen Zustand will ich aber nicht erreichen. Ich will keine Macht über andere haben wollen“ usw.
Ich versuche, zu erklären, dass hier das Wort „Macht“ zunächst einmal neutral besetzt ist. Aber die meisten verknüpfen das mit der verachtenswerten Handlung, Macht über jemanden anders ausüben zu können. Das ist hier aber nicht gemeint. Gemeint ist: „Alle Macht ist in Dir“ – wie schon bei „Star Wars“ zu hören ist. Eine schlichte, aber sehr wichtige, universelle Lebensweisheit.
Ohne Macht ein Nichts
Wenn Du keine Macht hast – was bist Du dann? Na klar doch: eben ohnmächtig – ohne Macht. Und dieser Begriff steht neben den anderen Begriffen wie „Furcht / Angst / Trauer / Depression / Verzweiflung“ an allerletzter Stelle der Emotionsskala. Wenn ich keine Macht über mich selbst habe, dann bin ich ohnmächtig. Dann – nur dann – bestimmen andere Menschen über mich, über mein Leben.
Und das ist immer dann der Fall, wenn ich zum Beispiel in einer bestimmten Situation „Nein“ sagen sollte, „Nein“ sagen müsste, es aber nicht tue. Eben um des lieben Friedens Willen.
Diese Menschen, die im Leben nie gelernt haben, „Nein“ zu sagen , sind oft sehr verzweifelt, funktionieren nur noch, haben ständig Angst, nicht zu genügen, etwas falsch zu machen oder den Zorn des Anderen auf sich zu ziehen. Sie haben Angst, nicht mehr gelobt, anerkannt, geduldet zu werden. Noch deutlicher: Sie fürchten sich davor, dass der Andere das vermeintliche Wohlwollen entziehen könnte. Und dahinter steckt die tiefe Angst, nicht mehr geliebt zu werden.
Deshalb geben diese „Nein“-Verweigerer alles, um immer und um jeden Preis es allen recht machen zu wollen, Everybody‘s Darling spielen zu müssen.
Wenn diese Menschen erkennen, dass alle ihre Versagensängste darauf fußen, das sie quasi einer Liebe hinterherhecheln, die sich nur im Außen befindet, jedoch bislang nicht erkannt haben, dass es nur der Eigenliebe bedarf, dann werden sie auch wieder die Macht über sich selbst haben und ein friedliches, selbstbestimmtes und kraftvolles Leben leben.
Wie diese Menschen, deren eigenes Liebestöpfchen recht leer ist, wieder in die kraftvolle Eigenmacht kommen, das wird zum Beispiel in guten Lebensschulen gelehrt.
Ein liebevolles „Nein“ zu jemand anderen ist immer auch ein liebevolles „Ja“ zu sich selbst. Und es auch auszuhalten, sich für das „Nein“ nicht rechtfertigen zu müssen. Immer auch zum Wohle aller.
Ihr Wolfgang T. Müller
copyright 2014 by Wolfgang T. Müller. Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung und Quellenangabe