Kreuzfahrtschiff statt Altersheim!
Pläne fürs Alter, oder: die Alternative zur Rentner-WG.
Ich bin nun bald – im Januar 2017 – 65 Jahre in dieser Inkarnation auf diesem Planeten. Die meisten meiner männlichen Mitmenschen in diesem Alter beziehen entweder schon die Frührente und ärgern ihre Frauen zu Hause mangels besserer Beschäftigungsalternativen oder sie bereiten sich intensiv auf das Rentner-Dasein vor. Natürlich gestaltet sich in diesem Alter die Freizeitaktivität zunehmend auf die Vorsorge-Maßnahmen der nun folgenden Vergreisung.
Es wird schon mal das Grab mit dem passenden Grabstein bestellt und die naheliegenden Altersheime abgeklappert, wo man später hin möchte, wenn man sich überflüssig fühlt oder glaubt, die eigene Suppe nicht mehr zubereiten zu können. Den Kindern werden schon mal rechtzeitig Haus und Hof und andere Vermögenswerte übertragen, damit so wenig Erbschaftssteuer wie möglich anfällt und man sorgt zielstrebig dafür, sich immer mehr zu entmündigen.
Sicherlich, mit obigen Zeilen provoziere ich ironisch bis zynisch bewusst den Leser. Udo Jürgens Senioren-Mutmach-Gassenhauer „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“ ist für viele nur ein schöner Traum. „Nichts für mich. Habe ja schon Schmerzen überall und außerdem…“
Ich werde da nicht mitmachen. Ich habe mir etwas anderes ausgedacht.
Hier mein persönlicher Altersruheplan:
Ich habe soeben beschlossen: „Ich mache einen großen Bogen ums Altersheim“. Wenn ich einmal in später Zukunft alt und klapprig bin, werde ich bestimmt nicht ins Altersheim gehen, sondern auf ein Kreuzfahrtschiff.
Warum Kreuzfahrtschiff? Werden Sie sich fragen. Nun, ich bin als Lektor und Dozent für alle möglichen Themen bis jetzt bereits über 25 Mal auf Kreuzfahrtschiffen unterschiedlicher Größe und Klassifizierung auf allen Meeren und nahezu in allen Ländern dieser Erde gewesen. Als „Tageskünstler“ bin ich zugleich „Staff“ – Mitglied der Schiffsbesatzung und komme somit auch in die Bereiche des Schiffes, zu der kein Passagier je Zutritt hat. Ich kenne also das Bordleben in- und auswendig. Und das ist genial spannend. Und das will ich bis ans Ende meines Lebens in Anspruch nehmen.
Die Gründe dafür hat mir auch die damalige deutsche Gesundheitsministerin Ulla Schmidt geliefert:
„Die durchschnittlichen Kosten für ein Altersheim betragen 200 EURO pro Tag“!!!
200 EUR mal 30 Tage entspricht somit 6.000 EUR monatlich.
Schon ab 14.999 EUR All Inclusive 112 Tage rund um die Welt.
Phoenix-Reisen / MS Albatross 3 Sterne / 22.12.2016-13.04.2017
Nun habe ich einmal aktuell eine Reservierung für das drei-Sterne Kreuzfahrtschiff MS ALBATROS geprüft und ich muss für eine Langzeitreise (Weltreise 112 Tage) 134,00 EUR pro Tag zahlen (pro Monat somit 4.017 EUR), wenn ich eine luxuriöse Innenkabine haben möchte (bei 2er-Belegung, auch mit einem guten Rentnerkumpel).
Gehe ich von dem von der Ministerin prohezeiten Tagessatz von 200 EUR für die Unterbringung in einem langweiligen und ereignisarmen Alters-Ruhesitz aus, bleiben mir immer noch rund 66 EUR täglich übrig.
Die kann ich nun verwenden für:
1. freiwillige Trinkgelder: 5 EUR/Tag (bei MS Albatros sind alle Trinkgelder bereits im Reisepreis enthalten, nur wenn Sie jemanden besonders nett und aufmerksam finden, können Sie sich deren Gunst mit einem kleinen Trinkgeld erhalten).
2. Ich habe Vollpension an Bord, auf Wunsch jeden Tag zusätzlich Pizza rund um die Uhr oder auch Schonkost, wenn das Hüftgold etwas zu dramatisch anschwellen sollte. Sogar den Room-Service kann ich in Anspruch nehmen und mir das Essen in meine Suite bringen lassen. Und das Beste: Tischwein, Bier und Säfte zu den Mahlzeiten sind ebenfalls völlig kostenlos.
3. Die MS ALBATROS hat Swimming-Pools, Whirl-Pools, einen Fitneßraum, freie Benutzung von Waschmaschinen und Trockner und jeden Abend Shows. Sogar Yoga und Autogenes Training für meine alte Seele werden kostenlos angeboten. Und abrocken wie in alten Zeiten kann ich auch noch in der bordeigenen Disco!
4. Es gibt auf dem Schiff kostenlos Zahnpasta, Rasierer, Seife und Shampoo.
5. Das Personal behandelt mich wie einen Kunden, nicht wie einen Patienten. Und für 5 EUR Trinkgeld extra pro Tag lesen mir die Stewards jeden Wunsch von den Augen ab.
6. Alle 8 bis 14 Tage lerne ich neue und vor allem interessante Leute kennen, die in Etappen zusteigen auf der Weltreise.
7. Fernseher defekt? Glühbirne kaputt? Die Bettmatratze ist zu hart oder zu weich? Kein Problem, das Personal wechselt es kostenlos und bedankt sich für mein Verständnis.
8. Frische Bettwäsche und Handtücher jeden Tag sind selbstverständlich, und ich muss nicht einmal danach fragen.
9. Wenn ich im Altersheim hinfalle und mir eine Rippe breche, dann komme ich ins Krankenhaus und muss gemäß der neuen Krankenkassenreform täglich dick draufzahlen. Auf der „Albatros“ bekomme ich für den Rest der Reise eine Suite und werde vom Bordarzt kostenlos verarztet, was in Deutschland mit der Krankenkasse abgerechnet wird.
10. Ich habe noch von keinem Fall gehört, bei dem zahlende Passagiere eines Kreuzfahrtschiffes vom Personal bedrängt oder gar misshandelt worden wären. Auf Pflegeheime trifft das nicht im gleichen Umfang zu.
- Nun das Beste. Mit der MS ALBATROS kann ich nach Südamerika, Afrika, Australien, Japan, Asien, Südsee, Karibik, ins Packeis nach Grönland oder auf Expedition in die Antarktis … wohin auch immer ich will.
Darum sucht mich in Zukunft nicht in einem Altersheim, sondern „just call shore to ship“. Auf einem Kreuzfahrtschiff spare ich jeden Tag eine Menge Geld und hab den allerbesten Spaß für den Rest meines Lebens.
Und ich muss nicht einmal mehr für meine Beerdigung ansparen. Mein letzter Wunsch ist dann nur: Werft mich einfach über die Reling. Das ist nämlich auch kostenlos.
PS.:
Falls der ein oder andere schlaue Rechner bzw. die eine oder andere schlaue Rechnerin mit von der Partie sein wollen, gründen wir einfach eine Schiffs-WG wie in alten Zeiten und besetzen zusammen eine Kabine mit 4 Personen und sparen nochmals eine ganze Menge Geld (siehe oben) und haben auch noch anderen, möglicherweise längst vergessenen Spass (Sie wissen, was ich meine) miteinander.
PPS:
Bei einer Weltreise sind Sie den ganzen kalten Winter über weg und in Äquatornähe unterwegs. Wenn Sie wieder nach Hause kommen, natürlich in einem gemütlichen kleinen Einzimmer-Appartement mitten in einer abewchslungsreichen, seniorenfreundlichen Stadt, dann beantragen Sie doch einfach für die Übergangszeit bis zur nächsten Kreuzfahrt einen längeren Kururlaub, den die Kasse bezahlt, sparen so noch eine Menge Geld, bis es wieder heißt: Schiff Ahoi!
PPPS:
Meine bisherigen Erfahrungen mit Kreuzfahrtschiffen, dem Seegang und dem Leben an Bord finden Sie in meinem kleinen, feinen, aber unanständigen Reisebegleiter „Das Buch zum Kotzen“ (als Taschenbuch oder als EBook erhältlich u.a. bei Amazon)
Herzlichst Ihr
Wolfgang T. Müller