Wolfgang T. Müller

Was eigentlich ist Glück?

Was eigentlich ist Glück?

Glück kann eine Portion Pommes Frites sein.

„Wie das?“ wirst Du möglicherweise erstaunt fragen. Folge einfach meiner kleinen Geschichte und auch Du kannst vielleicht künftig in jedem gestiftelten und frittierten Kartoffelstückchen Dein ganz persönliches Glücksgefühl entdecken.
Vorab: Sicherlich ist Dir  folgende Aussage längst bekannt:
„Glücklich sein ist von keinem Geld der Welt und keinem materiellen Wohlstand abhängig.“
Wissenschaftler haben längst durch weltumspannende Langzeitstudien nachgewiesen, dass Glück nur aus sich selbst heraus entsteht, und dies völlig unabhängig von den persönlichen Lebensumständen.
Du kannst die allerärmste Kirchenmaus auf Erden sein oder mehrfacher Milliardär – das Glücksgefühl kann sich nur einstellen, wenn man im Moment lebt, den überraschenden positiven Augenblick wahrnimmt und dies mit allen Sinnen genießt.

Nun zu meiner kleinen Geschichte, die sich wirklich so zugetragen hat.

Ich war wieder einmal als Experte, als Dozent auf einem Kreuzfahrtschiff engagiert. Diesmal war es die MS EUROPA, das einzige fünfeinhalb-Sterne-Schiff der Welt. Luxus pur! Der Himmel auf Erden auch für sehr vermögende und entsprechend verwöhnte deutsche Kreuzfahrtgäste. Die Reise ging diesmal von Acapulco über Hawaii nach Cairns / Australien – einmal quer über den Pazifischen Ozean.

Wir hatten neben der ohnehin schon spitzenmäßig kochenden Küchenbrigade von rund 60 Köchen auch noch zwei Michelin-Sterne-Köche an Bord, die uns zusätzlich in die höchsten kulinarischen Genüsse entführten. Jeden Tag, morgens – mittags – abends. Beim zweiten Abschnitt der Reise waren auch einige Familien mit ihren Kindern an Bord.
Nur 5 Kinder bei rund 320 Passagieren – aber es reichte für eine eigens engagierte Ganz-Tages-Nanny. Sie hatte die Kinder gut im Griff und die Eltern konnten die Reise entsprechend genießen.
An einem Seetag-Mittag irgendwo am Äquator und in der Nähe der Datumsgrenze saßen meine damalige Frau und ich im Lido-Cafe der MS EUROPA und wollten uns wie gewohnt aus der reichhaltigen und wie immer exquisiten Menükarte ein Mittagessen zusammenstellen. Am großen runden Nebentisch saßen die fünf Kinder zusammen mit ihrer Betreuerin. Da rauschte ein Koch mit einer großen Schüssel voller duftender Fritten vorbei. Zwei Kellner folgten mit kleineren Schüsseln, gefüllt mit Tomatenketchup und Mayonnaise.

Mir lief beim Anblick dieser goldgelben Pommes augenblicklich das Wasser im Mund zusammen. Sowas hatten wir ja noch nie auf diesem Luxusliner auf dem Speiseplan gesehen. Halblaut sagte ich zu meiner Exfrau, dass das genau das wäre, was ich jetzt am aller-allerliebsten hätte statt der ganzen, raffinierten Genüsse, die die Speisekarte aufzählte.

Jetzt würde ich gerne auch Kind sein und bei der Nanny und den anderen Kindern am Tisch sitzen. Schade, dass die Fritten wohl nur den Kindern vorbehalten sind.
Ich wählte also aus dem offiziellen Speisezettel einige leichtere Gerichte aus und ließ mir dazu ein frischgezapftes, kühles Bier schmecken.

Der Duft der Fritten aus der großen Schüssel am Nebentisch zog zwar zu uns verführerisch herüber, aber ich war bereits mental darüber hinweg und dachte auch nicht mehr an den mir vorenthaltenen Genuss.
Plötzlich erschien der gleiche Koch hinter mir und stellte wortlos einen großen Teller mit berauschend duftenden, goldgelb frittierten Pommes Frites vor mir ab, gefolgt von zwei Kellnern, die mir Ketchup und Mayo in einer Menge hinstellten, die sicherlich für die ganze Kindergruppe ausgereicht hätte.
Alle drei Bedienstete stellten sich anschließend breit grinsend in einer Reihe vor mir auf, wünschten mir einen besonders guten Appetit und einer der feixenden Kellner meinte dann noch, dass die kleinen Wünsche auf der MS EUROPA vom lieben Gott persönlich und immer sofort erfüllt werden.
Ich war so perplex, dass mir die Sprache wegblieb. Es stellte sich bei mir ein unsagbares Glücksgefühl ein und ich sage Euch: Nie hat mir eine Portion Pommes Frites besser geschmeckt.
Dieses Glücksgefühl hätte ich mit keinem Geld der Welt erkaufen können – die Fritten schon. Ich hätte sicherlich auch ganz einfach den Kellner fragen können, ob ich auch eine Portion haben könnte – schließlich befand ich mich auf der luxuriösesten und schönsten Kreuzfahrtyacht der Welt und da werden alle Wünsche wahrgemacht.

Aber der feine, glücklich machende Unterschied war die totale Überraschung. Da hatte ein anderer Mensch – hier der Koch – genauer hingehört, sich Gedanken gemacht, war nicht zum Tagesgeschäft übergegangen und hatte die Zeit gefunden, einen anderen Menschen glücklich zu machen.
Und dieses Glücksgefühl war bei mir angekommen. Ich war offen für diese in keiner Weise selbstverständliche Geste und ich habe diesen Glücksmoment als das angenommen, was es war – als ein Geschenk des Himmels.

Und so kann das Glück dieser Erde auch einmal in einer Portion Fritten zu finden sein.
In diesem Sinne wünsche ich Dir von Herzen, dass auch Du offen und dankbar bist für die wunderbaren Geschenke des Universums und dass Du diese mit allen Deinen Sinnen auch annehmen und vorbehaltlos genießen mögest.
So wirst auch Du – unabhängig von Deinem sozialen Status – vielleicht zum glücklichsten Menschen dieser Welt.
Bist Du auch meiner Meinung? Oder siehst Du das völlig anders? Oder was bedeutet Glück für Dich persönlich?

Herzlichst

Wolfgang T. Müller

copyright 2014 by Wolfgang T. Müller. Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung und Quellenangabe